Nächtliche Gedanken zur (Un-)Motivation, zur (Un-)Kreativität, zur (Un-)Organisation und zur (Un-)Disziplin

Heute hat es geschneit. Richtig heftig, richtig viel. Naja, relativ viel. Die Menschen in Russland würden darüber bestenfalls gelangweilt mit den Schultern zucken. Aber Schnee in Köln! Das ist fast schon mystisch. Ich habe mir gleich die Kamera geschnappt und bin losgezogen. Eigentlich mag ich keine Spaziergänge. Aber wenn weiße Flocken vom Himmel fallen oder wenn ich gerade einen Sandstrand und das Meer greifbar habe - beides äußerst seltene Fälle - dann hält mich nichts mehr. Nach anderthalb Stunden hatte ich schöne Fotos in der Kamera und machte mich zufrieden, ziemlich aufgeweicht und durchgefroren auf den Heimweg.

 

Eigentlich wollte ich darüber gar nicht schreiben, sondern darüber, dass ich keine Zeit zum Schreiben finde. Ich meine nicht dieses Gedanken-Bla-Bla, das ich gerade spontan heruntertippe, sondern Zeit für meinen Roman. Ich habe gelesen, dass es vielen Menschen so ergeht und es gibt jede Menge nützlicher Tipps, wie man sich organisieren kann, wie man Zeit einspart, Prioritäten setzt etc., Diese Anregungen lese ich gerne und stimme ihnen auch oft zu. Aber jetzt kommt das Aber: Wenn man es nicht schafft, Zeit freizuschaufeln, dann macht man etwas falsch, dann ist man unorganisiert, das Projekt ist einem im Grunde gar nicht so wichtig, man hat unterschwellig Angst vor dem Versagen oder vor dem Erfolg usw. Das mag alles seine Berechtigung haben und ich will auch gar nicht abstreiten, dass ich mich in einigen Punkten wiederfinde.

 

Ich habe allerdings  bemerkt, dass diese Tipps zwar einerseits tröstlich und motivierend sind, andererseits aber auch - insbesondere je länger ich keine Fortschritte mache - irgendwie demotivierend auf mich wirken. Ich komme mit meinem Buch nicht weiter, also muss ich ja wohl zwangsläufig unorganisiert sein oder es ist mir nicht wichtig genug oder was auch immer für Gründe angeführt werden oder aber ich bin schlichtweg zu faul. Wenn man dann noch liest, wie viel manche Leute täglich schreiben oder unter welch widrigen Umständen so manche Schriftsteller Bestseller geschrieben haben, fühlt man sich vollends wie ein Versager.

 

Wenn ich ganz ehrlich bin, könnte ich Zeit freischaufeln - ich habe mehr Zeit, als in den letzten 25 Jahren, in denen mein Leben sehr durchorganisiert war. Aber genug freie Zeit habe ich immer noch nicht. Jeden Tag sind alleine mindestens 7 Stunden für die Arbeit reserviert, manchmal auch das Wochenende, dann müssen ja auch noch Haushalt, Wäsche, Kochen und ein paar Schreibarbeiten erledigt werden. Nicht zu vergessen die Einkäufe, Erledigungen, Reparaturen, Papierkram etc. Meine Töchter wollen, auch wenn sie schon erwachsen sind, etwas von der Mama haben und reden, diskutieren, streiten, gute Tipps ablehnen oder was auch immer. Und einige Geburtstage stehen natürlich auch in regelmäßigen Abständen an.  Mein neues Enkelkind will ich wenigstens ab und an mal zu Gesicht bekommen, ebenso wie meine Freunde. Eine Mutter gibt es auch noch, die nicht gerade um die Ecke wohnt und mehr und mehr Beistand von ihrem einzigen Kind benötigt. Meine Mails möchte ich auch täglich lesen, ein wenig im Internet stöbern, (und mir gute Schreibtipps abholen), an meiner Webseite basteln, hin und wieder fotografieren und die Fotos bearbeiten. Das ist mit Sicherheit nicht alles, aber das sind so die "alltäglichen" Dinge. Damit sind die Tage, die Wochen, die Monate vollgepackt. (Von Keller entrümpeln, Fenster putzen, Renovierungsarbeiten, Steuererklärung und so einem Kram, will ich ja jetzt gar nicht erst anfangen...)

 

Und wenn ich dann wirklich mal ein wenig Zeit und Ruhe habe, (und natürlich nicht den Keller entrümpele), bin ich k.o. (Der bescheuerte Spruch "Man ist halt keine 20 mehr" scheint wohl doch irgendeine Berechtigung zu haben). Früher kam die Kreativität mit der Stille der Nacht. Heute kommt da nur noch die Müdigkeit, die mich zwar nicht dazu zwingen kann, das Bett aufzusuchen, aber ich bin meist zu nichts anderem mehr in der Lage, als einen guten oder weniger guten Film zu glotzen oder mir bescheuerte Clips im Internet anzuschauen.

 

Und das Schlimmste ist, je mehr ich mir sage "Du müsstest...", "Genau jetzt könntest Du...", umso mehr vergeht mir die Lust und ich fange gar nicht erst an. Wenn ich aber sage "Du musst gar nichts", "Du hast Dir eine Pause verdient", dann mache ich genau das und es passiert... nichts. Ich habe es auch schon mit dem Trick versucht, es einfach so laufen zu lassen, bis sich die Inspiration und die Motivation, wie von Zauberhand, von selber einstellen. Das Resultat ist, dass nichts passiert. Ziemlich dämliche Zwickmühlen.

 

So, dass waren meine nächtlichen Gedanken zur (Un-)Motivation, zur (Un-)Kreativität, zur (Un-)Organisation und zur (Un-)Disziplin und jetzt bin ich müde. Aber immerhin habe ich mal wieder etwas geschrieben!

 

Gute Nacht!

 


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