Der Sinn oder Unsinn des Lebens

Die Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt mich schon ziemlich lange. Jeder Mensch, sofern er sich  Gedanken darüber macht, hat seine ganz persönliche Antwort darauf. Jeder Lebenssinn kann anders aussehen. Ich für meinen Teil habe im Laufe der Jahre immer wieder neue Antworten gefunden, aber keine war letztlich zufriedenstellend. Momentan tendiere ich zu dem Ergebnis, dass es keinen Sinn gibt. Wenn man es einmal ganz realistisch betrachtet, ergibt das Leben absolut keinen Sinn.

 

Wieso ich zu dieser Einschätzung gekommen bin, möchte ich kurz erklären. Dazu muss ich ein wenig ausholen und verschiedene sinnhafte Möglichkeiten aufzählen. Der Sinn des Lebens könnte ganz schlicht und biologisch die Tatsache sein, sich zu vermehren und die Art zu erhalten. Er könnte aber auch sein: Gutes zu tun z.B. Kinder, Tiere, Umwelt schützen oder auch Karriere zu machen, berühmt zu werden und in die Geschichte einzugehen, sich um die Familie zu kümmern, Kunstwerke zu erschaffen, sich selbst zu verwirklichen, die Welt zu bereisen etc. etc. - die Liste ließe sich unendlich weiterführen.

 

All diese Ideen erscheinen mir zwar erstrebenswert aber letztlich nicht wirklich zufriedenstellend. Also kamen weitere Gedanken. Einer davon war: Der Sinn des Lebens ist die Liebe. Dann folgte der Gedanke: Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst. Das war mir aber irgendwie alles zu schwammig. Einer meiner Favoriten war lange Zeit folgender: Da ich an Reinkarnation glaube, könnte der Sinn natürlich auch sein, sich in jedem seiner zahlreichen Leben weiter zu entwickeln bis man letztlich erleuchtet ist, um dann ins Nirwana, in eine andere Dimension oder wohin auch immer einzugehen. Unsere Seelen sind gefangen in der Zeit, eingezwängt in einen Körper und ausgestattet mit einem arg begrenzten Geist - und ja, der Sinn des Lebens bzw. vieler Leben, könnte sein, hier auf unserem Planeten wichtige Lektionen zu lernen und zu reifen, bis man alles verstanden hat. Das erschien mir ein sehr guter Gedanke, zumal ich der Überzeugung bin, ein einziges Leben reicht nie und nimmer aus, um alles zu erleben und zu begreifen.

 

Mit dieser für mich vollkommen logischen Antwort gab ich mich erst einmal zufrieden und brauchte mich mit der Thematik nicht länger zu befassen. Bis eines Tages unvermittelt ein neuer, irritierender Gedanke auftauchte. Dazu muss ich nun vorgreifen: Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wird sich unsere Erde in ca. 2 Milliarden Jahren, aufgrund von Treibhauseffekten, in eine Höllenwelt und später dann in eine Gesteinswüste verwandelt haben. Damit einhergehend wird die Sonne, nachdem ihr Wasserstoffvorrat erschöpft ist, immer heller strahlen und sich in ca. 7,5 Milliarden Jahren zu einem roten Riesen aufblähen, der zuerst einmal alle Ozeane, falls noch welche vorhanden sein sollten, verdampfen lässt. Was das weitere Schicksal der Erde betrifft, so gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie verdampft sofort oder sie kreist als Schlackehaufen aus Nickel und Eisen noch ein wenig um den roten Riesen, um letztlich aber doch hinein zu stürzen.  So oder so - die Erde ist, irgendwann in ferner Zukunft, unweigerlich dem Tode geweiht und nichts, aber auch gar nichts von dem was heute besteht, was jemals erschaffen wurde, was uns wichtig ist, wird Bestand haben.

 

Das ist im Grunde ja gar nicht so tragisch, denn letztlich kommt es nicht auf Bauwerke, Kunstwerke und all den Kram an, sondern auf die Seelen und ihre Erfahrungen. Und die werden diesem Schicksal ja wohl leicht in die Weiten des Weltalls entkommen und dort irgendwo ein schönes Plätzchen finden können.

 

Wenn man dann jedoch noch ein wenig weiter blickt, wird es kritisch. Denn auch unser Weltall ist vor dem Untergang nicht gefeit. Auch hierzu gibt es wieder einige Theorien: Das Universum könnte sich immer weiter ausdehnen, und schließlich in einer Art umgekehrten Urknall , "Big Crunch", enden. Es könnte aber auch sein, dass sich das Universum durch die Dunkle Energie beschleunigt ausdehnt. Dadurch würden sich alle Objekte immer stäker voneinander entfernen und alles würde auseinander gerissen. Ein "Big Rip" stünde am Ende dieses Zerreißens, was quasi das Gegenteil des Big Crunches ist. Aber damit nicht genug. Es könnte auch sein, dass das Weltall tatsächlich unendlich ist und die Sterne nach und nach erlöschen, bis Kälte und Dunkelheit herrschen und alle Galaxien verschwunden sind. So oder so, auch vom Universum wird letzten Endes nichts übrig bleiben.

 

Schön und gut, das ist alles ziemlich weit weg und es betrifft uns nicht. Wenn man diese Theorien jedoch in die Frage nach dem Sinn des Lebens einbezieht - was bleibt dann noch? Unter diesem Gesichtspunkt ist es vollkommen unerheblich, was die Menschen vor uns getan haben, was wir tun und was die Menschen nach uns tun werden. Es ist irrelevant, ob wir die Pyramiden erhalten wollen, einen Bestseller schreiben, einfach sinnlos daher leben, einen Krieg anzetteln, viele Kinder in die Welt setzen, Drogenabhängig sind, einen Straßenhund retten, die Luft verpesten und die Meere verschmutzen, Lügen und Betrügen oder 1.000 Bäume pflanzen. Ganz realistisch betrachtet, ist alles was wir tun sinnlos, denn in spätestens 7,5 Milliarden Jahren wird nichts von uns, unseren tollen Errungenschaften und der Erde mehr übrig sein. Selbst die Entstehung des Lebens, ein wirkliches Wunder, erscheint mir unter diesem Aspekt sinnlos. Denn warum die ganze Mühe, die ganze Evolution, die ganzen Gedanken und Erkenntnisse, wenn doch alles vergehen muss? Jetzt mal ehrlich: Wozu soll das gut sein?

 

Selbst wenn wir eines Tages Raumschiffe bauen und uns ein anderes gemütliches Plätzchen im Weltall suchen können, so wird es eines Tages keine Plätze mehr geben. Oder falls wir zu reifen, erleuchteten, reinen Seelen werden - wo sollen die denn hin, wenn auch das Weltall nicht mehr da oder völlig leer ist? Aber vielleicht brauchen die Seelen gar kein Weltall, keinen vorstellbaren Ort. Sehr wahrscheinlich gibt es Dimensionen, die wir nicht ansatzweise erfassen können und wo wir doch alle unseren Platz finden. Unsere Seelen finden sich, wenn die Welt und das Universum vergangen sind, in einer unbekannten Dimension und warten dort geduldig und zeitlos auf das Entstehen eines neuen Weltalls mit neuen Planeten, um dort neu zu beginnen oder um ihre Reise fortzusetzen. Das wäre eine tröstliche Alternative und dann würde alles durchaus wieder einen Sinn ergeben.

 

Mein neues Fazit, am Ende dieses Textes, lautet somit nun: Unter rein biologischer und wissenschaftlicher Betrachtungseise macht das Leben nach wie vor überhaupt keinen Sinn. Es ergibt jedoch einen Sinn, wenn man Seelen und Seelenreisen und unbekannte Dimensionen mit einbezieht. Dann macht es auch Sinn, zu lernen, zu begreifen, Gutes zu tun, ein gutes Leben zu führen, Freude zu haben und Frieden und Freude und Liebe zu verbreiten und ganz viele Erfahrungen zu sammeln, die man mitnehmen kann. Denn dann hat man vielleicht sogar die Chance, eines fernen Tages nicht erst als winzige Mikrobe, schleimige Alge oder fetter Sandwurm, sondern gleich als wunderschöne Butterblume, schillernder Schmetterling oder kuscheliges Eichhörnchen in einem neuen Weltall, in einer neugeborenen Welt, weiterzumachen.


Und natürlich darf man bei diesen ganzen Überlegungen nicht vergessen, dass sie aus einem sehr weiten Blickwinkel getroffen wurden. Wenn wir das alles außer acht lassen und nur unser momentanes, zeitlich begrenztes Leben sehen, dann ergibt das Leben so viel Sinn, wie wir ihm geben. Dann zählt im Grunde nur der Augenblick. Nicht jeder Augenblick macht augenscheinlich Sinn. Aber es gibt sie, diese flüchtigen, vollkommenen Momente, in denen keine Fragen offen bleiben. Als ich das erste Lachen meiner Kinder sah, ergab  plötzlich alles einen Sinn. Und als ich in den Armen meiner Liebe lag, als ich in einem warmen Meer mit Delphinen schwamm, als ich barfuß durch weichen Sand ging, da war die Frage nach einem Sinn vollkommen unerheblich.  Es kommt bei allem was wir tun und erleben letztlich doch immer auf den Blickwinkel an.

 

In diese Sinne wünsche ich Euch allen ein schönes Leben, tut Gutes und macht Euch vor allen Dingen nicht zu viele Sorgen.

 

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